Europa steuert auf eine Rekordernte zu
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In seinem Rückblick auf die abgelaufene Saison berichtete Philippe Binard, WAPA (World Apple and Pear Association), von sehr guten Marktbedingungen für die Erzeuger. Nachfrage und Verbrauch waren gut. Es mussten deutlich weniger Äpfel exportiert werden. Wegen der begrenzten Haltbarkeit war es ratsam, die Lager kontinuierlich abzubauen. In der zweiten Saisonhälfte zogen die Preise über alle Sorten hinweg weiter an. Die eigenen Verkäufe nahmen ab, die Märkte wurden zunehmend von Übersee beliefert. Auch im Verarbeitungsbereich sorgte das knappe Angebot für ein sehr hohes Preisniveau sowie einen starken Warenstrom von Osteuropa nach Deutschland. Insgesamt hatten Regionen mit zumindest 70 Prozent einer Normalernte eine gute Saison.
EU erwartet größte Ernte der vergangenen 10 Jahre
Für die anstehende Saison wird in der EU-28 mit 12,6 Mio. t die bislang größte Ernte der letzten 10 Jahre erwartet, die um 3,3 Mio. t oder 36 Prozent über dem Vorjahr liegen soll. Auch gegenüber dem Fünf-Jahres-Durchschnitt der „Normaljahre“ 2012 bis 2016 wird die Ernte 2018 um 9 Prozent höher ausfallen und sollte in etwa den Mengen in 2014 und 2015 entsprechen. Gewisse Unsicherheiten bestehen noch im Hinblick auf mögliche Auswirkungen der Trockenheit. Insgesamt wird der Zuwachs im Verarbeitungsbereich deutlich höher ausfallen als bei Tafelobst.
Ein Blick auf die einzelnen Länder zeigt, dass heuer vor allem in Osteuropa reichlich geerntet werden kann (Tab. 1). Der seit Jahren EU-weit mit Abstand größte Produzent Polen wird mit 4,5 Mio. t eine Rekordernte an den Markt bringen wollen. Aber auch Ungarn, Kroatien und Slowenien haben große Mengen zu verzeichnen. Österreich ist nach zwei katastrophalen Jahren wieder zurück auf Normalniveau. Die weiteren Hauptproduktionsländer Italien, Frankreich und Deutschland bewegen sich im langjährigen Durchschnitt. Dagegen fallen die Niederlande und Belgien mit schlechten Ernten ab.
Elstar europaweit eher knapp
Ein Blick auf die EU-Erntemengen bei den einzelnen Sorten reflektiert die Anbaupräferenzen in den verschiedenen Ländern. Die in Polen noch stark vertretenen Massenträger ‘Shampion‘ und ‘Idared‘ sowie auch die seit einigen Jahren stark gepflanzten ‘Golden‘ und ‘Gala‘ zeigen überproportionale Mengen. ‘Jonagold‘ und ‘Jonagored‘ haben Normalernten, während ‘Elstar‘ mit nur 335.000 t die – 2017 ausgenommen – schlechteste Ernte der letzten 10 Jahre bringen wird. Auch ‘Braeburn‘ werden unter dem Fünf-Jahres-Schnitt 2012/16 liegen. ‘Fuji‘ sind im Durchschnitt verfügbar.
Für die deutsche Erzeugung werden mit 990.000 t die Rekordernten von 2014 und 2016 insgesamt nicht erreicht. Sortenspezifisch dominieren weiter die Jonagoldgruppe, allerdings mit unterdurchschnittlichen Mengen, sowie ‘Elstar‘, die ebenfalls leicht unter dem Mittel der letzten Jahre geerntet werden. ‘Braeburn‘ und ‘Gala‘ liegen knapp über Normalniveau. Am Bodensee wird mit 272.000 t ebenfalls eine gute Ernte erwartet. Darunter sind die ertragsstarken ‘Jonagold‘ sowie eine gute Elstarernte. Erfreulich ist der weitere Zuwachs bei den gefragten Clubsorten.
Vermarktung wird herausfordernd
Im Ausblick auf die kommende Saison hatte es Helwig Schwartau von der AMI in seinem Vortrag nicht einfach: Bei hohen Erntemengen befürchten die europäischen Erzeuger und Vermarkter ein allgemein niedrigeres Preisniveau. Dies dürfte insbesondere bei den Massenträgern der Fall sein. In Polen wird man sich ernsthaft Gedanken machen müssen, wohin die in den vergangenen Jahren stark aufgebauten Kapazitäten vermarktet werden sollen. Diese Entwicklung könnte zum Problem werden, falls sich nach Osten nicht doch die eine oder andere Tür öffnet. Das Sortiment mit reichlich ‘Idared‘, ‘Shampion‘, ‘Jonagold‘ und ‘Golden‘ ist tendenziell eher nicht hochwertig, die Märkte fragen mehr nach Clubsorten und ökologischem Anbau. So wird viel Obst in die Verarbeitung gehen müssen.
Nagelprobe für Regio-Konzepte
Nur mit billigen Offerten auf den deutschen Markt zu drängen, wird für die osteuropäischen Erzeuger keine Lösung sein. Im deutschen Lebensmitteleinzelhandel (LEH) kommt es zur Nagelprobe, was die Konzepte Regionalität und heimische Produktion wert sind. Entlastung ist auf den Drittlandmärkten zu suchen. Hier sollten frühere Exportmarken von 1,6 Mio. t erreicht oder noch besser übertroffen werden. Die deutsche Politik muss hierzu dringend mit den Zielländern die handelsrechtlichen Voraussetzungen schaffen.
Positiv wirkt sich der um zwei bis drei Wochen frühere Einstieg in den Verkauf aus, das entspricht einer um fünf Prozent längeren Vermarktungssaison. Und: Es gibt keine Überhänge aus der vorherigen Ernte. Am Bodensee kann mit Hinweis auf gute Verfügbarkeit bei den gefragten Sorten ‘Elstar‘ sowie Clubsorten gepunktet werden. Vom Marktumfeld wird man sich jedoch nicht gänzlich abkoppeln können. Für die Ernte bedeutet dies keine großen Erwartungen in den Verkauf von Klasse 2 zu setzen, sondern die Äpfel eher in die Verwertung zu bringen.
Druck auf die Erzeugerpreise
Auf dem deutschen Verarbeitungsobstmarkt treffen große Ernten in Osteuropa sowie im heimischen Streuobstanbau auf leere Lager. Auch die Apfelsaftkonzentratlagerbestände sind weitgehend geräumt. China erzeugt weniger und hat Probleme im US-Markt, der nun von Europa aus beliefert werden könnte. Vermutlich werden größere Mengen aus dem Osten angefahren und auf die Erzeugerpreise drücken. Bei gestiegenem Mindestlohnniveau und prosperierender Wirtschaft sowie geringer Verfügbarkeit von Arbeitskräften lohnt sich die Ernte von Streuobst unter einem Preisniveau von 7 bis 9 Euro/dt nicht. Hier erfordert es verstärkt Initiative in regionale Vermarktungskonzepte, um Streuobstprodukte von dem restlichen Markt abzuheben.
Ökoobst auf dem Vormarsch
Fritz Prem aus der Steiermark berichtete als Präsident des Europäischen Bioobstforums (EBF) von weiterhin hervorragenden Vermarktungsbedingungen auf den Märkten für Ökoware. Im EBF sind Erzeuger aus Norditalien, Deutschland, Österreich und Benelux zusammengeschlossen. Entscheidend ist laut Prem die nach wie vor steigende Nachfrage nach Ökoobst auf den heimischen Märkten und gut organisierte Erzeuger. Die Vermarktungskapazitäten wurden in den letzten Jahren zu leistungsfähigen Einheiten ausgebaut. Verkäufe fänden häufig auf kurzem Wege von Erzeugergruppe an den LEH mit besseren Anteilen an der Handelsmarge statt. Wichtige Voraussetzung zur Listung ist eine gesicherte Herkunft mit Marke. Unsichere Quellen für Bioware beispielsweise aus Osteuropa tun sich schwerer.
Gute Aussichten bei Bio
In der EU werden 2018 rund 426.000 t Bioproduktion erwartet. Haupterzeuger sind Italien mit 132.000 t, Deutschland mit 89.000 t und Frankreich 75.000 t. Deutschland hat damit nach Österreich (15 Prozent) den höchsten Anteil Bioproduktion (9 Prozent) an der Gesamtapfelerzeugung. EU-weit liegt der Wert bei 3,5 Prozent. Bei den Mitgliedern des EBF wird nach der schlechten Saison 2017 mit 104.000 t eine Rekordernte von 215.000 t erwartet. Hiervon sind etwa 20 Prozent Umstellungsware. Diese wurde 2016 und 2017 problemlos im Biobereich untergebracht, für die Saison 2018 steht dies noch offen.
Das Preisniveau wird bei weiter steigender Nachfrage zwischen 2016 und 2017 erwartet, sodass für die kommende Saison sehr gute Umsätze in Aussicht stehen. Die neuen EU-Marktregeln für den Biobereich bringen strengere Regeln für Rückverfolgbarkeit und Kontrolle im Gesamtprozess. Prem sieht somit gute Aussichten für die weitere Entwicklung des Biomarktes. |
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