Entscheidung über steuerfreien Hausbrand erneut vertagt
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Jetzt wurde dieser Punkt kurzerhand von der Tagesordnung gestrichen, weil man sich im Vorfeld nicht über die vorgesehene Regelung für steuerfreien bzw. steuerbegünstigten Hausbrand einigen konnte. Änderungen der EU-Steuerrichtlinien können im Unterschied zu Rechtsakten im Agrarsektor nur einstimmig vom Rat verabschiedet werden. Vorgesehen war eine Ermächtigung an alle Mitgliedstaaten, Privatpersonen und insbesondere Obstlandwirten zu erlauben, künftig jährlich bis zu 50 Liter Obstbrand (Fertigware) für den Eigenverbrauch (sog. Hausbrand) in kleinen Brennblasen steuerfrei oder steuerermäßigt herstellen zu dürfen. Diese Regelung wurde während der Beratungen insbesondere von den südosteuropäischen Staaten Ungarn und Rumänien mit Unterstützung Österreichs und Kroatiens gefordert. Der Begriff Obstbrand sollte auch ähnliche Erzeugnisse wie Trester umfassen und die Freimenge von 50 Litern Fertigware sollte für einen Haushalt einschließlich Gäste gelten.
Wie schon im ECOFIN-Rat am 8. November 2019 lehnen Tschechien und Bulgarien die Freimenge von jährlich 50 Litern aus Gründen der Alkoholprävention weiterhin ab. Rumänien, das in seiner Ratspräsidentschaft noch jährlich 175 Liter Obstbrand als Freimenge vorgeschlagen hatte, lenkte bereits im November auf die Freimenge von 50 Liter Obstbrand ein. Deutschland hätte die Regelung im Sinne eines Gesamtkompromisses mitgetragen. Nach dem geltenden Recht darf der Regelsatz der Alkoholsteuer nur bis maximal 50 % ermäßigt werden. Die Bestimmungen der EU-Alkoholsteuer-Richtlinie, die das in Deutschland geltende System des Abfindungs- und Stoffbesitzerbrennens erlauben, standen zu keinem Zeitpunkt der Beratungen zur Disposition. Sollte diese Regelung unter der jetzt kommenden kroatischen Ratspräsidentschaft verabschiedet werden – Kroatien ist ein Land mit einer großen Zahl von kleinen Obstbrennereien –, dürften mittelfristig Störungen und Wettbewerbsverzerrungen auf dem EU-Obstbrand- und Spirituosenmarkt nicht auszuschließen sein.
Weiterhin muss bezweifelt werden, dass diese Regelung tatsächlich kontrolliert werden kann und es bei Anwendung dieser Regelung in weiteren EU-Mitgliedstaaten wie in Polen zu einem Schwarzmarkt für Obstdestillate und Obstbrand kommen wird.
Die in Rumänien, Ungarn, Bulgarien, der Tschechischen Republik und Slowenien bis zum EU-Beitritt praktizierte und rechtlich zulässige Regelung, dort Obstbrand und weitere Brände für den Eigen- und Freundesgebrauch steuerfrei herstellen zu dürfen, war mit dem EU-Beitritt illegal geworden, weil das EU-Recht bisher nur eine 50%ige Ermäßigung aus Wettbewerbsgründen akzeptiert.
Die Beitrittsakte dieser Länder sah 30 bzw. 50 Liter Obstbrand pro Obstbauernfamilie vor.
Es macht einen Unterschied, ob Obstbrand in einigen Ländern der EU immerhin noch bis zu 50 % besteuert wird oder künftig völlig von der Steuer befreit werden soll.
Die neue jetzt diskutierte Regelung sieht die völlige Steuerfreiheit vor und eine Ausdehnung auf alle EU-Mitgliedstaaten, u.a. auch auf Polen, das ein bedeutender Obstproduzent ist. In Polen - dorthin wurden bislang auch Obstbrände aus anderen EU-Mitgliedstaaten verkauft - gab es schon Anfragen nach Brenngeräten in Deutschland, wenn diese Regelung kommt.
Warum soll ein Bürger im Balkan z.B. in Rumänien oder in Ungarn noch eine Flasche voll zu versteuernden Obstbrand mit Ursprung in Deutschland oder Frankreich kaufen, wenn er Obstbrand steuerfrei konsumieren kann. So kann ein Obstbauer regelmäßig in seinen Dörfern eine Party geben und dort das gesamte Dorf als Gäste zum Obstbrand-Trinken einladen.
Dass auch die EU-Kommission Gefahren dieser Regelung für den freien Wettbewerb auf dem EU-Binnenmarkt für Obstbrand und Spirituosen sieht, zeigt der Umstand, dass die KOM in einigen Jahren einen Bericht über das Funktionieren und die Auswirkungen auf den Binnenmarkt vorlegen wird mit ggf. Legislativvorschlägen.
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