Entwicklungen auf dem Spirituosenmarkt
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Mit rund 720 Millionen Flaschen à 0,7 Liter lag der Spirituosenmarkt im Jahr 2019 um rund 1,5 Prozent unter dem Vorjahresniveau – bleibt damit weiterhin der größte Markt für Spirituosen innerhalb der Europäischen Union. Der Pro-Kopf-Konsum lag 2019 bei 5,3 Liter (rund -1 %). Im Jahr 2019 kauften rund 60 Prozent aller Haushalte in Deutschland mindestens einmal Spirituosen ein (Käuferreichweite). Damit gehören Spirituosen auch im Jahr 2019 erneut zu den umsatzstarken Warengruppen im Lebensmittel-Einzelhandel.
Dämpfer durch Corona-Krise
Gemäß den GfK-Klimastudien-Analysen haben in 2020 die Corona-Pandemie und ihre verschiedenen globalen und nationalen Belastungstests als auch die wirtschaftlichen Eckpunkte und die Handelshemmnisse die Verbraucherstimmung auch bei Spirituosen getroffen. Während der Lebensmittel-Einzelhandel (LEH) Anfang des Jahres 2020 eine relativ stabile Nachfrage auch im Bereich der alkoholhaltigen Getränke in Deutschland zeigte, ist diese jetzt zum Teil rückläufig. Überdies werden die voraussichtlichen Umsatzeinbußen der Gastronomie in Höhe von 15 bis 20 Prozent für den Spirituosenbereich nicht durch die LEH-Nachfrage kompensiert. „Die weitere Entwicklung am Spirituosenmarkt wird in Abhängigkeit von der angestiegenen Sparneigung sicherlich auch ihre Auswirkungen im Spirituosenbereich zeigen, wobei eine seriöse Konsumprognose für 2020 erst abgegeben werden kann, wenn absehbar ist, wie lange die Corona-Schutzmaßnahmen in Deutschland Konsequenzen zeigen“, so der BSI-Präsident Thomas Ernst.
Nach Analysen der Marktforschung Information Resources GmbH sank der Absatz an Spirituosen im LEH (inklusive Aldi/Lidl/Norma) 2019 um 2,7 Millionen Flaschen bzw. um 0,5 Prozent auf rund 543 Millionen Flaschen à 0,7 Liter gegenüber dem Vorjahr. Rund 75 Prozent des Gesamtabsatzes mit Spirituosen wurden 2019 über den Lebensmittel-Einzelhandel abgesetzt.
Marktanteile ändern sich
Im Jahr 2019 setzte sich gleichwohl eine unterschiedliche Entwicklung bei den Segmenten für Spirituosen fort. Die größten Marktanteile verbuchten mengenmäßig weiterhin „Klare Spirituosen“ (rund 36,6 Prozent), „Liköre“ (rund 35,5 Prozent) und „Weinbrände/Cognac“ (rund 8,8 Prozent). Zu den Gewinnern zählten 2019 – nach Analyse der vorgenannten Marktforschung – u. a.: Gin/Genever, Liköre (u. a. „restliche“ Liköre, Pfefferminzliköre, Eierliköre, Halbbitterliköre, Sahneliköre), Whisk(e)ys, Raki, Rum, Jagertee, Likörwein, Kümmel etc. Das Umsatzvolumen am Spirituosenmarkt betrug 2019 rund 4,5 Milliarden Euro im LEH. Das ist gut ein Viertel des Umsatzes aller alkoholhaltigen Getränke (Bier, Wein, Sekt und Spirituosen) im LEH.
Die Spirituosenimporte umfassten im Jahr 2019 rund 455 Millionen Flaschen à 0,7 Liter (-3,4 Prozent) – nach vorläufigen Ergebnissen des Statistischen Bundesamtes. Dieses entspricht einer Abnahme um 16 Millionen Flaschen im Vorjahresvergleich. Im Zeitraum der letzten zehn Jahre stiegen die Importe um rund 72 Millionen Flaschen bzw. um 18,8 Prozent. Bezogen auf den Gesamtmarkt an Spirituosen entfallen auf Importspirituosen – nach Angaben der Marktforschung GfK SE – aktuell rund 43 Prozent des Spirituosenangebots in Deutschland (ohne Doppelzählungen, die die Zahlen des Statistischen Bundesamtes enthalten). Wichtigste Importländer waren 2019: Großbritannien, Italien, die USA, Frankreich, Griechenland, die Niederlande, Spanien, Irland, Russland, Jamaika, Schweden und Swasiland.
Die Spirituosenexporte betrugen im Jahr 2019 – nach vorläufigen Ergebnissen des Statistischen Bundesamtes – rund 279 Millionen Flaschen à 0,7 Liter. Dieses entspricht einer Abnahme im entsprechenden Vorjahresvergleich um 9 Millionen Flaschen bzw. um 3,1 Prozent und einer Erhöhung in den letzten zehn Jahren um 67 Millionen Flaschen bzw. um 31,6 Prozent. Zu den wichtigsten Ausfuhrländern zählten 2019 u. a.: die Niederlande, die USA, Belgien, Großbritannien, Frankreich, Spanien, Österreich, Dänemark, die Tschechische Republik, Italien, die Volksrepublik China und die Schweiz.
Das Gesamtmarktangebot (Produktion + Import – Export) verringerte sich – nach vorläufigen Angaben des Statistischen Bundesamtes und Schätzungen des BSI – im Jahr 2019 (im entsprechenden Vorjahresvergleich) um 11 Millionen Flaschen à 0,7 Liter bzw. um 1,5 Prozent (ohne spirituosenhaltige Mischgetränke).
Stabile Umsatzentwicklung
Die gesamte Spirituosenbranche inklusive Importeure hatte 2019 eine stabile Umsatzentwicklung mit geschätzten rund 4,7 Milliarden Euro – darin sind rund 2,1 Milliarden Euro an Alkoholsteuern für Spirituosen enthalten.
Der Konsum pro Kopf an Spirituosen lag im Jahr 2019 bei rund 5,3 Liter Fertigware (Quelle: vorläufige Zahl des ifo Instituts – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung an der Universität München e. V.) und verringerte sich damit um rund 0,05 Liter bzw. um rund 1 %.
Im internationalen Vergleich des Pro-Kopf-Konsums mit Spirituosen belegte Deutschland im Jahr 2018 (Zahlen für die Kalenderjahre 2019 lagen bei Redaktionsschluss noch nicht vor) Platz 50 – unter anderem hinter Südkorea, Russland, Lettland, Bulgarien, Belarus etc. – gemäß den Analysen der Marktforschung „the IWSR and the IWSR Magazine (the Source for Wine & Spirits Analysis)“, London/Großbritannien.
Der Verbrauch pro Kopf aller alkoholhaltigen Getränke (Bier, Wein, Sekt und Spirituosen) betrug im Jahr 2019 128,5 Liter pro Kopf und sank damit im entsprechenden Vorjahresvergleich um 2,8 Liter bzw. um 2,1 Prozent.
In Bezug auf das gesamte Aufkommen 2019 der spezifischen Verbrauchsteuern für alkoholhaltige Getränke (Bier, Wein, Sekt, Spirituosen und spirituosenhaltige Mischgetränke sowie Zwischenerzeugnisse) in Höhe von 3.139,5 Millionen Euro (2018: 3.185,7 Millionen Euro) entfiel auf die Alkoholsteuer für Spirituosen ein Anteil von 67,5 Prozent – wohingegen der Pro-Kopf-Konsum an Spirituosen – bezogen auf alle alkoholhaltigen Getränke 2019 – bei nur rund 4,1 Prozent lag. Die Alkoholsteuer für Spirituosen betrug 2.117,8 Millionen Euro im Jahr 2019 und sank damit im entsprechenden Vorjahresvergleich um 14,9 Millionen Euro bzw. um 0,7 Prozent.
Die Mitarbeiter- und Betriebsstruktur in der Spirituosenbranche ist seit Jahrzehnten durch Konzentration gekennzeichnet. Im Jahr 2019 ergab sich in der Spirituosenbranche in Betrieben mit 20 und mehr Beschäftigten eine Abnahme auf 2.858 Mitarbeiter (-36 Mitarbeiter/-1,2 Prozent), die in 48 Betrieben (-4 Betriebe/-7,7 Prozent) beschäftigt waren (Quelle: Angaben des Statistischen Bundesamtes).
Ausblick
Die längste Aufschwungsphase in der Nachkriegszeit ist in der deutschen Wirtschaft bereits seit Mitte 2019 beendet. Dies begründete der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung im November 2019 mit der ungewissen Zukunft der globalen Wirtschaftsordnung.
Die Corona-Pandemie bedroht die Globalisierung und wird ihren Niederschlag besonders auch in der deutschen Wirtschaft zeigen. Der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung hält in seinem Sondergutachten vom März 2020 fest:
• „Die Verbreitung des Corona-Virus hat die beginnende konjunkturelle Entwicklung gestoppt. Die deutsche Volkswirtschaft wird im Jahr 2020 deutlich schrumpfen.
• Die wirtschaftliche Entwicklung hängt vom Ausmaß und Dauer der gesundheitspolitischen Maßnahmen und der darauffolgenden Erholung ab.
• Die wirtschaftspolitischen Maßnahmen sollten sich an fünf Kriterien orientieren: Gesundheit schützen, klar kommunizieren, Kapazitäten erhalten, Einkommen stabilisieren und die Zeit gut nutzen.“
Die Phasen des Lockdowns aufgrund der Corona-Krise, des Exits und die Roadmap für die Rückkehr zur „neuen Normalität“ werden die deutsche Wirtschaft, aber auch die Spirituosenbranche nachhaltig fordern – insbesondere auch aufgrund der Verluste im Gastronomie-, Duty Free-, Tourismus-Bereich (ca. 20 Prozent Distribution im Jahresdurchschnitt), die voraussichtlich 2020 nicht ausgeglichen werden können. Überdies belasten Mitglieder des BSI Absatz- und Umsatzeinbußen für Spirituosen-Importe (insbesondere Whiskeys aus den USA seit Juni 2018 ) sowie für Spirituosen-Exporte (insbesondere Liköre aus Deutschland seit Oktober 2019) aufgrund von Strafzöllen seitens der EU (im Zuge der Aluminium und Stahl Vergeltungsentscheidungen) und der USA (im Zuge der Airbus Vergeltungsentscheidungen).
Die Spirituosenbranche analysiert diese Entwicklungstrends mit besonderem Interesse, da für sie – als Branche mit hochwertigem, kulturellem und traditionellem sowie genussorientiertem Angebot – die Verbraucherstimmung, aber auch ihre Nachfrage von besonderem Stellenwert sind.
Wichtig wird auch in Zukunft eine umfassende Markenpflege, ein umfassendes Markenbewusstsein, Qualität und Regionalität sowie die Bereitschaft zu weiteren Investitionen sein, um an die wirtschaftlichen Ergebnisse der letzten Jahre wieder anknüpfen zu dürfen.
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