Kommt der Brotbrand?
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Ein wichtiger Eckpfeiler des europäischen Spirituosenrechts besteht darin, dass Spirituosen grundsätzlich nur Ethylalkohol oder Destillate aus landwirtschaftlichen Erzeugnissen enthalten dürfen. Die einzige Ausnahme ist bisher Bierbrand, da Bier ein industrielles Erzeugnis ist.
Im Rahmen der zurzeit in Brüssel beratenen Reform des Rechtes der Eintragung und des Schutzes von geografischen Angaben für landwirtschaftliche Erzeugnisse, Weine und Spirituosen soll auch die Spirituosen-Grundverordnung (EU) 2019/787 geändert werden. Deutschland, unterstützt unter anderem von Österreich und Dänemark, hat in der zuständigen Ratsarbeitsgruppe beantragt, Brotbrand als neue Spirituosenkategorie aufzunehmen. Seit geraumer Zeit sind in Deutschland und in Österreich einige Brotbrände auf dem Markt, die insbesondere aus Brot, das in den Bäckereien abends noch nicht verkauft wurde, hergestellt werden. Auch der Europaabgeordnete Norbert Lins, Vorsitzender des Landwirtschaftsausschusses im Europäischen Parlament, hat einen entsprechenden Änderungsantrag gestellt.
Nunmehr zeichnet sich für Brotbrand eine Hängepartie ab. Unter Vorsitz Schwedens hat der Sonderausschuss Landwirtschaft am 8. Mai 2023 in seiner sog. Allgemeinen Ausrichtung zur geplanten horizontalen Geoschutzverordnung die Kategorie „Brotbrand“ nicht aufgenommen. Ursächlich hierfür ist die Ablehnung von einer Reihe von Mitgliedstaaten, die verhindern möchten, dass die Herstellung von Spirituosen zu einer Art Abfallverwertung werden könnte. Nach dem Willen des Rates sollen als neue Kategorien „Kartoffelbrand“ sowie „Birkensaftbrand“ bzw. „Ahornsaftbrand“ aufgenommen werden. Die Allgemeine Ausrichtung des Rates kann in englischer Sprache dem folgenden Link entnommen werden: https://data.consilium.europa.eu/doc/document/ST-8598-2023-REV-2/en/pdf.
Im Unterschied zum Rat befürwortet der Landwirtschaftsausschuss des EP in seinem am 20. April 2023 angenommenen Bericht zur Geoschutzverordnung, das Brotbrand als neue Kategorie aufgenommen werden soll. Der verabschiedete Bericht, nach dem aus Italien stammenden Europaabgeordneten Paolo de Castro kurz „de-Castro-Bericht“ genannt, kann über den folgenden Link heruntergeladen werden: https://www.europarl.europa.eu/doceo/document/A-9-2023-0173_EN.html.
Sollte auch das EP-Plenum einer Aufnahme von Brotbrand als neue Kategorie am 31. Mai 2023 zustimmen, wird es entscheidend auf die sogenannte Trilog-Verhandlungen zwischen der Ratspräsidentschaft, dem EP und der Kommission ankommen. Da es sich bei Birkensaftbrand ebenfalls wie Brotbrand um ein Destillat aus nichtlandwirtschaftlichen Rohstoffen handelt, wäre die Nichtberücksichtigung von Brotbrand bei einer gleichzeitigen Aufnahme von Birkensaftbrand nach Auffassung des Bundeslandwirtschaftsministeriums eine Diskriminierung, weil es sich sowohl bei Brot wie bei Birkensaft um nichtlandwirtschaftliche Erzeugnisse handelt. Zunächst gilt es, die endgültige Abstimmung des De-Castro-Berichts im EP-Plenum am 31. Mai 2023 abzuwarten.
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