Spannende Brennerei-Projekte
Die Forschungs- und Lehrbrennerei der Universität Hohenheim stellte anlässlich des Besuchs von Minister Peter Hauk MdL ihre aktuellen Projekte vor. Hierbei zeigte das Fachgebiet Perspektiven für den Bereich Obstbrennerei und Bioethanolherstellung.
- Veröffentlicht am

Anlass des Besuchs von Minister Peter Hauk MdL in der Forschungs- und Lehrbrennerei der Universität Hohenheim war die Präsentation der aktuellen Forschungsprojekte und ein Ausblick in die Zukunft der Lehr- und Versuchsbrennerei. Bei einer Führung durch die beiden Bereiche Obstbrennerei und Bioethanolherstellung stellte Prof. Dr. Ralf Kölling und einige Mitarbeiter seines Fachgebiets die unterschiedlichen Fragestellungen und die vorhandene Technik vor.
Digitalisierung der Brennerei
Im Bereich der Obstbrennerei arbeitet das Fachgebiet an der Etablierung der Brennerei 4.0, wie es Prof. Kölling beschreibt. Hierbei geht es um die umfangreiche Digitalisierung des gesamten Destillationsprozesses. „Bisher war die Qualität und das Gelingen von Destillaten erfahrungsabhängig und die Qualitätsunterschiede der Produkte auf dem Markt sehr groß“, stellt Prof. Kölling fest. Daher ist die Idee von dem Projekt Brennerei 4.0 weg vom "Brennen nach Gefühl" und hin zu einem besser kontrollierten Brennvorgang zu kommen. Dies eröffnet die Möglichkeit, Aromen kontrolliert zu trennen und so das Aromaprofil während des Brennvorgangs aktiv zu beeinflussen. Das mittelfristige Ziel hierbei sei es, mittels Sensoren in der Destille Daten nicht nur zu sammeln und im Nachhinein zu analysieren, sondern die Daten in Echtzeit auszuwerten und noch während des Brennvorgangs in den Prozess einzugreifen. Es ist auch denkbar Modelle zu designen, sodass der Algorithmus Vorschläge macht, was in den nächsten Minuten wahrscheinlich passieren wird und wie man dies ändern könnte, beschrieb Prof. Kölling das Vorhaben dem Minister.
Bessere Hefeernährung für effizientere Gärung
Nicht nur sensorgestützte modernste Technik, sondern auch der Einsatz von speziellen Aromahefen und Hefenährsalzen trägt zu einer aktiven Beeinflussung des Aromaprofils bei. Was im Weinbau bereits verbreitet ist, ist im Brennereiwesen noch nicht üblich, so Prof. Kölling. Dies liegt auch daran, dass der Einsatz von Nährsalzen beim Einmaischen erst seit dem Jahr 2018, mit dem Wegfall des Branntweinmonopols, erlaubt wurde. Daher gibt es bei Brennereien wenig Erfahrung mit Nährsalzen wie Diammoniumphosphat (DAP), die für eine bessere Stickstoffversorgung der Hefen sorgen. Aus diesem Grund ist die Frage nach dem optimalen Einsatz solcher Nährsalze Thema aktueller Forschung des Fachgebietes. Insbesondere mit dem Hintergrund, dass Streuobstwiesen sehr stickstoffarmes Obst liefern, haben stickstoffhaltige Hefenährsalze großes Potenzial.
Dem Schaum den Kampf ansagen
Ein weiteres Projekt des Fachgebietes im Bereich der Kleinbrennerei ist das Analysieren der Schaumdynamik in Desitillationsanlagen. Hierbei sollen Möglichkeiten aufgezeigt werden, wie auf chemische Antischaummittel verzichtet werden kann. Mögliche Strategien sind hierbei Schaumprävention durch eine bestimmte Temperaturführung während des Destillationsprozesses oder die Beseitigung von aufkommendem Schaum. Ultraschall und Beregnung sind Methoden, die intensiv untersucht und auf ihre Eignung getestet werden.
Bioethanol der zweiten Generation
Im Nachbarraum stellte Prof. Kölling die Bioethanolherstellung aus lignocellulosehaltiger Biomasse vor, die Prof. Kölling als das Bioethanol der zweiten Generation bezeichnet. Die Nutzung lignocellulosehaltiger Biomasse ermöglicht es, nicht für den Verzehr geeignete Ausgangsstoffe, wie Stroh, in Bioethanol umzuwandeln. Ein Ansatz ist es, die Ligninstruktur durch ein thermomechanisches Verfahren zu zerreißen. Anschließend kommen spezielle Hefen zum Einsatz, die C5-Zucker zur Energiegewinnung nutzen können. Dies ermöglicht eine Steigerung der Ethanolausbeute bei Stroh um 50 %. Auch die Verwertung von Backwaren als Ausgangsmaterial für Bioethanol ist ein Thema, mit dem sich das Team von Prof. Kölling in den nächsten Jahren beschäftigen wird.
Minister Hauk freut sich auf eine gute Zusammenarbeit
Das Ministerium für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz unterstützt bereits Projekte der Forschungs- und Lehrbrennerei Hohenheim. Prof. Kölling hofft auf eine weiterhin gute Kooperation mit dem Ministerium und die Möglichkeit, auch zukünftig wissenschaftliche Fragestellungen des Brennereiwesens bearbeiten zu können. Die Hoffnung ist nicht unbegründet, denn der Minister sagte aschließend: „Ich bin sehr beeindruckt von den vorgestellten Projekten. Ich freue mich auf eine weiterhin gute und produktive Zusammenarbeit mit dem Fachgebiet."
Zu diesem Artikel liegen noch keine Kommentare vor.
Artikel kommentierenSchreiben Sie den ersten Kommentar.