Einigung über Kernpunkte der neuen Europäischen Spirituosenverordnung
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Die Kernpunkte bezüglich der Neuregelungen sind:
- Die Klarstellung der Vorschriften für die Herstellung und Kennzeichnung der meisten Spirituosenkategorien, einschließlich der Festlegung der zulässigen Höchstmengen der Zuckerung zur Geschmacksabrundung für eine Reihe von Kategorien auf EU-Ebene.
- Die Verbesserung der Kennzeichnungsregelungen, die in den Fällen gelten, wenn geschützte Spirituosennamen zusammen mit anderen Lebensmittelnamen verwendet werden, wie zum Beispiel bei zusammengesetzten Bezeichnungen oder Anspielungen einschließlich Spirituosenmischungen.
- Die Schaffung eines Registers mit den Kontrollinstanzen in den Mitgliedstaaten.
- Der erweiterte Schutz von Spirituosen mit geografischer Angaben: wenn diese geografische Angaben als Zutaten oder als Handelsmarken verwendet werden oder wenn Spirituosen mit unzulässigen geografischen Angaben als Transitware durch die EU geführt werden.
- Die zukünftige Vereinfachung der Eintragungs- und Änderungsverfahren von geografischen Angaben: die Prüfung und Kontrolle durch die Europäische Kommission konzentrieren sich künftig auf Elemente mit einer EU-Bedeutung, es gibt klarere Definitionen, in welchen Fällen es sich um Änderungen auf nationaler oder EU-Ebene handelt, das Subsidiaritätsprinzip wird voll und ganz respektiert und die Eintragungs- und Änderungsverfahren werden zeitlich verkürzt.
Während die Europäische Kommission die inhaltliche Einigung über die neue Spirituosen-Grundverordnung durchweg begrüßt, ist die EU-Spirituosenindustrie nicht zu 100 % zufrieden. Kritisiert wird vor allem, dass künftig die Definitionen der wichtigsten EU-Spirituosen-Produktkategorien nur noch im ordentlichen Gesetzgebungsverfahren geändert werden können. SpiritsEUROPE hätte hier den ursprünglichen Kommissionsvorschlag, wonach die Begriffsbestimmungen der Produktkategorien im Wege von delegierten Rechtsakten, also durch eine Kommissionsverordnung geändert werden können, bevorzugt.
Einen ersten konsolidierten Rechtstext des Rates (wahrscheinlich nur in englischer Sprache) hat die österreichische Ratspräsidentschaft zur Sitzung des Sonderausschusses Landwirtschaft (SAL) am 5. Dezember 2018 präsentiert und die Einigung mit dem EP im Einzelnen erläutert. Der Sonderausschuss Landwirtschaft wird am 10. Dezember 2018 diesem Kompromisstext mit qualifizieter Mehrheit zustimmen.
Zuletzt ging es noch um folgende strittige Punkte: Nach dem EuGH-Urteil vom 25. Oktober 2018 in der RS C-462/17 zur Begriffsbestimmung zu „Eierlikör“ (Anhang II, Nr. 41 der Verordnung (EG) Nr. 110/2008), wonach nach der derzeit geltenden Fassung der Zusatz von Milch oder Sahne zur Geschmacksabrundung verboten sei, suchte die österreichische Ratspräsidentschaft nach einer Formulierung, die den Zusatz rechtlich zweifelsfrei erlaubt. Hier wurde eine entsprechende Formulierung gefunden, die den zulässigen Zusatz von Milch, Sahne etc. namentlich erwähnt.
Die Definition „aromatisieren“ bzw. „Aromatisierung“ in der künftigen Spirituosenverordnung sollte dahingehend angepasst werden, dass eine Aromatisierung einer Spirituose mit Kümmel bzw. Kümmel im Wege der Destillation weiterhin zulässig ist. Die EU-Kommission hatte im Rahmen ihrer Prüfung der Technischen Unterlage zu „Berliner Kümmel“ kritisiert, dass der geltende Rechtstext der EU-Spirituosenverordnung bei der Produktkategorie „Kümmel“ eine Destillation zur Aromatisierung nicht gestatte. EP, Rat und KOM haben sich auf eine Formulierung geeinigt, die diesen traditionellen Herstellungsprozess bei Kümmel weiterhin erlaubt.
Weiterhin ging es um die Frage, in welchen Fällen das elektronische Verwaltungsdokument des Alkoholsteuerrechts für Kontrollzwecke der EU-Spirituosen-Grundverordnung herangezogen werden darf. Nach dem zweiten Trilog im September 2018 sollte auf Wunsch des EP dieses Dokument für den Nachweis der für die Ethylalkoholherstellung verwendeten Rohstoffe herangezogen werden. Diesen Antrag hat das EP zurück gezogen. Künftig muss aber im elektronischen Verwaltungsdokument die rechtlich vorgeschriebene Bezeichung der Spirituose sowie die Reifungsdauer eingetragen werden, sofern die Spirituose gereift ist.
Beim Paket „zusammengesetzte Begriffe, Anspielungen und Mischungen“ haben sich EP, Rat und KOM auf die Neuregelung des Rates verständigt. Das heißt, dass die Kennzeichnungsvorschriften für Anspielungen und Spirituosenmischungen deutlich verschärft wurden. Anspielungen auf Spirituosen-Etiketten sind künftig nur noch bei Likören möglich. Beim Paket, in welchen Fällen Ausführungsbestimmungen zum Geoschutz im Wege von delegierten Rechtsakten oder Durchführungsrechtsakten erlassen werden sollen, hat der Rat gegenüber dem EP zusätzlich zu den bereits zuvor angebotenen Fällen zugestimmt, dass Ausführungsbestimmungen zum e-spirit drinks Register per delegierte Akte festgelegt werden müssen.
Zum weiteren Zeitfenster
Nach Ablauf der WTO-Notifizierungsfrist werden beide EU-Gesetzgeber (EP und Rat) den vereinbarten Rechtstext formal in sog. erster Lesung annehmen. Das EP wird in der Hoffnung, dass das WTO-Notifizierungsverfahren zu keinen Änderungen führen wird, ggf. schon im Januar oder Februar 2019 beschließen. Im März oder spätestens April könnte der Rat der Europäischen Union die neue Spirituosen-Grundveordnung endgültig annehmen. Dies kann der fachlich zuständigen Rat für Landwirtschaft und Fischerei mit oder ohne Aussprache sein oder irgendein anderer Rat. Mit einer Veröffentlichung des Rechtstextes im EU-Amtsblatt in allen 23 Amtssprachen ist im Mai 2019 zu rechnen.
Der Kompromisstext sieht vor, dass die neue Spirituosen-Grundverordnung sieben Tage nach der Veröffentlichung im EU-Amtsblatt formell in Kraft tritt. Sie wird allerdings mit dem Großteil der Verordnung erst zwei Jahre nach dem formellen Inkrafttreten gelten, also erst im Jahre 2021 gelten. Lediglich einige Vorschriften des Kapitels zum Geoschutz gelten bereits 14 Tage nach dem formellen Inkrafftreten. Der zulässige Zusatz von Milchprodukten zu einem Eierlikör soll ebenfalls schon 14 Tage nach dem formellen Inkrafttreten gelten, um den durch das EuGH-Urteil vom 25. Oktober 2018 in der Rechtssache C-462/17 geschaffenen illegalen Zustand entgegen traditionellen Herstellungsverfahren in vielen Mitgliedstaaten rasch zu beseitigen. Schon heute steht fest, dass Spirituosen, die bis zum Tage der Geltung der neuen Spirituosenverordnung in Übereinstimmung mit den Vorschriften der geltenden Spirituosen-Grundverordnung (EG) Nr. 110/2008 hergestellt und in den Verkehr gebracht worden sind, bis zur Erschöpfung der Bestände vermarktet werden dürfen.
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