Nüsse in der Vermarktung knacken
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Wer bei Streuobst an Äpfel und Birnen denkt, sollte die Walnuss nicht vergessen. Von den bis zu 400.000 Bäumen in Baden-Württemberg sind etwa 80 verkaufsfähige Produkte denkbar, hieß es beim landesweiten Streuobsttag in Ludwigsburg. Alljährlich am ersten Samstag im Mai trifft sich in der Kreisstadt nördlich von Stuttgart die süddeutsche Streuobstszene zum landesweiten Streuobsttag. Dazu gehören Streuobstinitiativen, Keltereien, Vereine, Kommunen, Umweltverbände, Fachberater und Interessierte. Die 13. Auflage stand unter dem Thema „Streuobst – Erbe und lebendige Zukunft“. Dazu hatten sich dieses Jahr rund 100 Fachleute im großen Sitzungssaal des Landratsamts eingefunden.
Informationsaustausch
Martin Ries vom Stuttgarter Landwirtschaftsministerium, der sich dort hauptsächlich um den Öko-Landbau kümmert, bezeichnete die Gruppe in seinem Grußwort als „die Engagierten“ des Streuobstbaus. Der Schirmherr, Landesagrarminister Peter Hauk, meldete sich per Pressemitteilung zu Wort. Hauk lobte die Tagung, die sich „als ein Informationsaustausch der Streuobstszene etabliert hat, auch über die Landesgrenzen hinweg“. Die wechselnden Mottos zeigten, „wie vielfältig die Themen rund um das Streuobst sind“.
Wie viele Streuobstbäume es in Baden-Württemberg noch gibt, ist bislang nicht bekannt. Die letzte, bekannte Zählung ist mehr als zehn Jahre alt. Die Ergebnisse der aktuellen Zählung aus dem vergangenen Jahr – die das Landesumweltministerium verantwortet – wurden noch nicht veröffentlicht.
Pflegeleichte Alternative
Nach der alten Zählung von 2008 gab es in Baden-Württemberg noch bis zu 400.000 Walnussbäume, wie Ulfried Miller vom BUND-Regionalverband Bodensee-Oberschwaben berichtete. Die Windbestäuber sind Wohnort und Nahrungsquelle für Pflanzen, Insekten, Vögel und Pilze. Der Charme für Stücklesbesitzer besteht darin, dass die Walnuss ohne häufige Schnittmaßnahmen zurecht kommt, und dass Misteln und Mäuse die Bäume meiden. Für Ulfried Miller ist die Walnuss deshalb eine „pflegeleichte Alternative für hochstämmige Apfel- und Birnbäume“. Eine Bestandsaufnahme in der Nordschweiz ergab laut Miller bis zu 300 Sorten, vorwiegend Sämlinge. Für eine hohe Nussqualität werden die Bäume veredelt.
Die weltweit wichtigsten Produktionsländer sind China, USA, Chile, Iran, Ukraine und die Türkei, die etwa zwei Drittel der weltweiten Produktion stellen. In Europa sind Walnussbäume in Weinbaulagen zuhause. Plantagen gibt es in Frankreich. Größere Vorkommen in Griechenland, Spanien, Serbien und Italien. Deutschlands größte Anbauregion liegt am Kaiserstuhl in Südbaden. Auch am Albtrauf finden sich noch viele Walnussbäume. Die meisten Bäume stehen allerdings verstreut: als Hof- oder Gartenbaum oder als landschaftsprägender Einzelbaum (Solitär).
Im Lebensmitteleinzelhandel und selbst im Naturkosthandel dominieren Walnüsse aus Frankreich, Kalifornien, Chile oder der Türkei. Heimische Walnüsse sind kaum am Markt. Meistens werden sie als ganze Nuss direkt vom Erzeuger, in Hofläden oder auf Wochenmärkten angeboten oder auch als Walnussöl vermarktet. Ein großer Teil der heimischen Walnussernte wird nach Millers Einschätzung nicht gewinnbringend genutzt. Eine Befragung in Oberschwaben ergab, dass ein Nussbaum im Schnitt 50 Kilo Nüsse bringt, aber höchstens 20 Kilo für Eigenverbrauch und Direktabsatz genutzt werden. Die übrigen 30 Kilo stünden für weitere Vermarktungswege zur Verfügung.
Verarbeiter selten
Laut Miller ist nur mit technischer Hilfe eine wirtschaftliche Ernte und Vermarktung möglich. Für die Walnussernte und -verarbeitung nannte der Fachmann vielfältige technische Hilfen, vom kleinsten Auflesegerät der Welt, dem Rollblitz, bis zu selbstfahrenden Lesegeräten. Auch Geräte zum Waschen, Trocknen, Knacken oder Pressen werden über spezialisierte Händler vertrieben. Knackpunkt der Verarbeitung sei aber die räumliche Verteilung leistungsfähiger Verarbeiter. So besitzt beispielsweise der Obstbaubetrieb Stirm in Marbach im Kreis Ludwigsburg eine sogenannte Knackstraße für Walnüsse. Der Hof bietete seine Verarbeitung auch anderen Walnusserzeugern im Lohn an. Die Marbacher Adresse ist offenbar in Oberschwaben gut bekannt.
Perspektiven der Vermarktung
Für die Vermarktung von Walnüssen haben sich 13 Partner der Alpenregion in einem überregionalen Projekt zusammengetan, um Walnussprodukte und Vermarktungsmöglichkeiten zu entwickeln, berichtete Miller. Im vergangenen Jahr, dem erste Projektjahr, wurden mehr als 80 mögliche Produkte zusammengestellt wie Öl, Pesto, Tierfutter, Tee, Möbelholz, Papier, Sirup, Destillate, Brot, Färbemittel, Seife, Sonnencreme oder Nudeln. Als aussichtsreich nannte Miller die Vermarktung von trockenen Nüssen oder grünen Nüssen und Blättern. Aus grünen Blättern könnten beispielsweise Tees oder biologische Pflanzenschutzmittel gewonnen werden. Die größte Herausforderung ist derzeit die Qualitätssicherung und Logistik sowie – aus Kostengründen – die Verarbeitung von Kleinmengen.
Produktprämierung
Im Vergleich zur Walnuss ist die Verarbeitung und Vermarktung der Streufrüchte Apfel, Birne und Zwetschge schon weit vorangekommen wie die Produktprämierung eindrucksvoll zeigte. Für die Kategorien Apfelsaft trüb, Apfelsaft klar, Schorle, Apfel-Mango-Saft, Cidre/Secco, Most und Mischsäfte waren 51 Produkte eingereicht worden. 14 davon wurden ausgezeichnet, 3 lobend erwähnt. Unter den Gewinnern waren – teils mehrfach – diese Initiativen: Stuttgarter Apfelsaft (mit der Kelterei Mayer Fruchtsäfte), Onser Saft (Boller Fruchtsäfte), FÖG Odenwald-Kraichgau (Falter Fruchtsaft), Waiblinger Apfelsaft (Bittenfelder Fruchtsäfte), Streuobst-Initiative Vaihingen/Enz (Ensinger Mineral-Heilquellen), Bietigheimer Apfelsaft (Schütz Fruchtsaft), Rottenburg-Tübingen-Mössingen (Bittenfelder), Streuobst Mittelfranken West sowie die Stahringer Streuobstmosterei und die Mostfreunde Eschbach, beide aus Baden. Lobend erwähnt wurden die Streuobstinitiative Karlsruhe und die Initiative Hesselberger Franken.
Weitere Informationen rund um das Thema Streuobst bietet ein Portal der Landesregierung unter www.streuobst-bw.info. Die Adresse des EU-Interreg-Projektes, das die Walnuss einschließt: www.alpine-space.eu/projects/alpbioeco/en/home.
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