Frühwarnsystem für Imker
Honigbienen sind durch klimatische Veränderungen und Parasiten zunehmend gestresst. Um eine sinkende Vitalität eines Bienenstocks frühzeitig feststellen zu können, arbeiten die Industrie und Wissenschaftler an einem elektronischen Frühwarnsystem.
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Honigbienen zählen zu den wichtigsten Blütenbestäubern, ohne die mehr als 75 % der für Menschen wichtige Kulturpflanzen gefährdet wären. Expertenschätzungen gehen davon aus, dass der globale wirtschaftliche Nutzen der Bestäubung bei mehr als 250 Milliarden Euro liegt. Doch die Bienen sind durch die Folgen des Klimawandels und durch Parasiten, wie die Varroamilbe, im Bestand bedroht.
Deutsche Bundesstiftung Umwelt fördert sensorgesteuertes Frühwarnsystem
Die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) hat zum Schutz der Honigbiene mit rund 345.000 Euro die technische Entwicklung eines neuen sensorgesteuerten Frühwarnsystems „BeeCheck“ des Braunschweiger Unternehmens Gero Meßsysteme gefördert. Wissenschaftlich wurde das Vorhaben durch das Braunschweiger Institut für Bienenschutz des Julius-Kühn-Instituts begleitet und für die Feldanwendung optimiert.
„Bienen sichern unsere Lebensgrundlagen, indem sie unsere Kulturpflanzen bestäuben und weil die Bestäubung der Wildpflanzen zur biologischen Vielfalt beiträgt“, sagt Dr. Maximilan Hempel, DBU-Abteilungsleiter Umweltforschung und Naturschutz. Das neue Messsystem könne Zustand und Vitalität von Bienenvölkern erfassen, die Daten in Echtzeit übermitteln und so zur Bestandssicherung beitragen. „Denn je früher Imkerinnen und Imker wissen, dass es ihren Bienen schlecht geht, desto eher können sie ihnen helfen“, so Hempel.
„BeeCheck“ lässt Rückschlüsse auf Vitalität und Bienenverhalten zu
„In Deutschland machen insbesondere Parasiten, allen voran die Varroamilbe, den Honigbienen zu schaffen und führen unter anderem regelmäßig zu hohen Winterverlusten“, sagt Dr. Jens Pistorius. Er ist Leiter des Instituts für Bienenschutz, das die Entwicklung des Messsystems mit verhaltensbiologischem Wissen und im Hinblick auf die Konzeption der Versuche unter anderem zur Optimierung der Geräte unterstützte. Nach Pistorius‘ Worten gebe es aber auch andere Faktoren, die die Gesundheit und Vitalität der Bienen beeinflussen und das ganze Volk über kurz oder lang stärken oder schwächen können. „Die Stärke eines Bienenvolks ist entscheidend. Denn je mehr Bienen ausfliegen und bei ihrer Sammeltätigkeit Blüten bestäuben, desto höher ist die Bestäubungsleistung“, so Pistorius. Schon seit 1925 werde an Methoden geforscht, um die Anzahl an ein- und ausfliegenden Bienen mit zeitlicher Auflösung und über längere Zeiträume zu zählen. Bislang seien für das Erfassen der Bienenbrut und der Nahrungsvorräte im Volk zwar Populationsschätzungen möglich und auch vergleichsweise gut etabliert. „Sie sind aber mit einer Störung der Völker verbunden und nicht genau genug“, sagt der Institutsleiter.
Eingebaute Analysesoftware übernimmt die Berechnungen
Ralf Rosenquist, Geschäftsführer des Unternehmens Gero Meßsysteme, das die Hard- und Software technisch entwickelt hat: „Über einen speziellen Sensor im Ausflugloch erfasst das Gerät individuelle Körpermassen und Daten, die erkennen lassen, ob eine Biene ein-, ausfliegt oder im Loch verweilt.“ Eine Analysesoftware berechne die Daten mit Hilfe komplizierter Algorithmen, so dass präzise Rückschlüsse auf Volksstärke und Vitalität des Bienenvolkes, aber auch rückwirkende Analysen von Ereignissen mit Auswirkungen auf Flugbienen möglich seien. Mittels zusätzlicher Sensoren kann das Gerät laut Rosenquist auch Gewichtsänderungen des Bienenstocks sowie wichtige Witterungsdaten wie Temperatur, Luftfeuchte, Niederschlag und Sonnenstand parallel erfassen. „Ziel war es, ein Gerät zu entwickeln, das über Monate autark im Feld eingesetzt werden kann und keine Störung der Bienen verursacht“, so Rosenquist. Das Gerät sei batteriebetrieben und übermittle die Daten an einen Rechner. So könne die Technik unverzüglich informieren, wenn außerordentliche Ereignisse wie akuter Bienenschaden, ein Schwarmvorgang oder Massentracht auftreten. Ein weiterer Vorteil: Durch die Autarkie könne die Anzahl der Kontrollbesuche verringert werden, was wiederum den mit den Fahrten zu weiter entfernten Standorten verbundenen Schadstoffausstoß verringere.
Weitere Anwendungen denkbar
Institutsleiter Pistorius erhofft sich weitere Effekte: „Das Gerät könnte als Standardsystem für viele Bereiche der Bienenforschung Zusatznutzen bringen und eröffnet für Bienenforschung, -zucht und -management ganz neue Möglichkeiten, sei es bei der Krankheitsbekämpfung oder zur Optimierung der Bestäubung.“ Darüber hinaus könnte das Messsystem auch in Langzeitmonitorings und für die Zulassungsprüfung von Pflanzenschutzmitteln eingesetzt werden.
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