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Kriterien für Kreditvergabe

Kredite nur bei Klimaschutz

Viele Unternehmen der Getränkeindustrie machen derzeit eine neue Erfahrung, wenn sie mit ihrer Hausbank über einen Kredit verhandeln: Sie müssen nicht nur ihre Kreditwürdigkeit nachweisen, die Bank will von ihren Kunden auch wissen, wie sie ihre CO2-Emissionen reduzieren.
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Springob
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So kann die Antwort der Bank auf Kreditanfragen auch schon mal negativ ausfallen. Davor warnt die RTG Revisions- und Treuhand Dr. Böhmer und Partner aus Ludwigshafen, ein Mitglied im Netzwerk HLB. Die Gesellschaft hat sich auf die Beratung kleiner und mittelständischer Unternehmen der Brau- und Brennereibranche spezialisiert.

Betroffen von Krediteinschränkungen sind keinesfalls nur Großkonzerne, sondern auch die mittelständischen Unternehmen der Brauindustrie und Brennereibranche. „Daher ist es auch aus eigenem Interesse an der Zeit, sich mit dem Thema Nachhaltigkeit - und dabei als erstes mit dem Einfluss auf Umwelt und Klima - zu befassen“, bestätigt Bernhard M. Kinzinger, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater.

Die Deutsche Bank beispielsweise verlangt von ihren Kunden aus der Zementindustrie eine CO2-Verringerung um 29 Prozent bis 2030 – ansonsten bekommen sie keinen Kredit. Auch die Hamburger Sparkasse prüft vor Kreditvergabe bei Unternehmen mit einem Jahresumsatz von mehr als 2,5 Millionen Euro, ob sie ihre Nachhaltigkeitskriterien erfüllen. Ähnliche Vorgaben finden sich in den Nachhaltigkeitsrichtlinien vieler Kreditinstitute für unterschiedliche Branchen.

Der Hintergrund: Vorgaben der EU

Die Kreditinstitute fahren diesen Kurs nicht, weil ihnen Nachhaltigkeit auf einmal am Herzen liegt. Vielmehr kommen sie damit einer Verordnung der EU-Kommission nach, die Europa bis 2050 klimaneutral machen will. Um die Transformation der Wirtschaft voranzutreiben, hat die EU ein Regelwerk („Financing Sustainable Growth“) für die Finanzbranche entwickelt. Die sogenannte EU-Taxonomie für nachhaltige Investitionen ist der Hebel, mit dem die Banken die Wirtschaft auf den Pfad der ökologischen Tugend lenken sollen.

Für die Banken gilt seitdem: Sie müssen ihr Risikomanagement und ihre Kreditvergabe in Richtung CO2-Neutralität umsteuern. Wie weit sie auf diesem Weg fortgeschritten sind, darüber gibt die sogenannte Green Asset Ratio Auskunft, die den Anteil nachhaltiger Geschäfte in der Bilanz erfasst. So rühmt sich die Deutsche Bank, schon jetzt die Vergabe von mehr als der Hälfte ihrer Firmenkredite an Bedingungen für eine Reduzierung der CO2-Emissionen geknüpft zu haben.

Weil im Gebäudesektor hierzulande 30 Prozent aller Treibhausgasemissionen anfallen, prüfen die Institute – Stichwort grüne Baufinanzierung – vor der Kreditvergabe auch den Energieverbrauch der von ihnen finanzierten Bauprojekte, bewerten die Baumaterialien auf Umweltverträglichkeit und berechnen die Klimagas-Emissionen während des Baus und der Nutzung. Ziel ist es, den Primärenergiebedarf mindestens um zehn Prozent unter dem Schwellenwert für Niedrigstenergiegebäude zu reduzieren. Daher werden auch geplante Bauprojekte für die Brauerei- und Brennereibranche künftig schwieriger umzusetzen sein.

Die Nachhaltigkeitspolitik der Europäischen Union

Definiert wird Nachhaltigkeit zumeist auf Basis des Drei-Säulen-Modells Environmental, Social und Governance, kurz ESG. Das E steht für Ökologie, das S für Soziales und beinhaltet auch Aspekte wie Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz, Diversity oder gesellschaftliches Engagement. Unter G wird eine nachhaltige Unternehmensführung verstanden. Hierzu zählen Themen wie Unternehmenswerte oder Steuerungs- und Kontrollprozesse (Compliance, Korruption).

Mit ihrer Politik sieht sich die EU im Einklang nicht nur mit der historischen Notwendigkeit, den Klimawandel aufzuhalten, sondern auch mit der Stimmung der Mehrheit der europäischen Bevölkerung. „Die junge Generation sieht den Klimawandel als eine der wichtigsten globalen Herausforderungen und dürfte diese gesellschaftliche Entwicklung weiter forcieren“, führt Kinzinger weiter aus. „Höchste Zeit also für Unternehmen, sich den Anforderungen des Green Deal zu stellen.“

Nachhaltigkeitspolitik in Zeiten der Rezession

So sehr diese Politik des Klimaschutzes zu begrüßen ist - für die Unternehmen der Getränkeindustrie ist sie eine zusätzliche Herausforderung. Denn die Reduzierung der Klimagase gibt es nicht zum Nulltarif. Es kommen immense Kosten auf Industrieunternehmen zu, und das in Zeiten, wo sie ohnehin mit den Folgen von Inflation und Rezession zu kämpfen haben. Das Fazit von Kinzinger lautet: „Umso wichtiger ist es, sich jetzt beraten zu lassen, um auf dem schmalen Grat zwischen ökologischen Anforderungen und ökonomischer Vernunft die richtigen Entscheidungen zu treffen, die auch dem Unternehmen eine nachhaltige Zukunft sichern.“
 

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