Gewaltige Frostschäden im Raum Ravensburg
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Wie hoch sind die Frostschäden im Obstbau in der Region Ravensburg?
Erwin Mozer: Wir hatten zwei Frostnächte hintereinander. In der zweiten Nacht vom 20. auf 21. April gab es je nach Standort bis zu sieben Grad minus. Das Fatale war: Durch den aufkommenden Wind gab es in der ersten Nacht eine bewegte Kälte, so dass selbst die Netze, Folien und Dächer in den Anlagen die Schäden nicht verhindern konnten. Viele der Apfelsorten waren in der Vollblüte, Birne, Kirschen und Zwetschgen in der abgehenden Blüte. Betroffen sind vor allem die frühen Lagen, dort war zum Beispiel Jonagold, eine frühblühende Sorte, schon in der abgehenden Blüte, Elstar erwischte es in der Vollblüte. Selbst Gala, eine sehr blühstarke Sorte, wurde massiv getroffen. Die Bäume sehen richtig übel aus. Ganz schlimm hat es auch die Clubsorte Kanzi erwischt. Hier rechnen wir an einigen Standorten mit einem Totalausfall. In den höheren Lagen gibt noch Hoffnung, dass einige Betriebe wenigstens eine kleine Ernte einfahren werden. Hier haben zum Teil 30 bis 50 Prozent der Blüten überlebt. Aus heutiger Sicht schätze ich den Schaden, je nach Standort und je nach Sorte, auf insgesamt 80 bis 100 Prozent im Erwerbsobstbau. Ich persönlich rechne mit der kleinsten Ernte in Europa seit dem Zweiten Weltkrieg.
Wie kann man sich vor Frost schützen?
Erwin Mozer: Die Möglichkeiten sind sehr begrenzt. Obstbauern, die ihre Kirschen unter Folie haben und in den besagten Nächten mit dem so genannten Frostbuster (Heizgerät mit Propangas) durch die Reihen gefahren sind, konnten zumindest einen Teil ihrer Bestände schützen. Aber für das Gros der Fläche war das nicht möglich. Viele haben Strohballen ausgelegt oder bewässert. Unten am Boden hat das durchaus etwas gebracht, aber nicht in den höheren Luftschichten.
Hat dieser Frost etwas mit dem Klimawandel zu tun?
Erwin Mozer: Ich denke schon. Beim Kernobst habe ich noch nie eine so schnelle Phänologie erlebt wie in diesem Jahr. Es war im März sehr trocken und warm. Die Zeitspanne vom Knospenaufbruch bis zur Blüte betrug lediglich 30 Tage. In normalen Jahren sind es 50 bis 55 Tage, die Blüte ist dann erst Anfang Mai.
Gibt es noch Hoffnung für die kommende Ernte?
Erwin Mozer: Endgültig lässt sich der Schaden erst im Juni genauer beziffern. Noch passabel sehen die Zwetschgen aus. Doch da muss man abwarten, ob die Früchte weiter wachsen. Die Hoffnung bei den Äpfeln liegt jetzt noch auf den Blüten am einjährigen Holz, hier erfolgt die Blüte später. Die Fruchtqualität an diesen Trieben (Nachblühern) fällt jedoch hinter denen von normalen Blüten zurück. Sicher ist, dass die Erträge im Vergleich zum Normaljahr dramatisch einbrechen werden. Das gilt übrigens für viele Gebiete in Europa, bis hinein in die Poebene gab es Frost.
Was kann man jetzt tun?
Erwin Mozer: Das Dramatische ist, dass viele Betriebe das zweite Jahr in Folge vom Frost heimgesucht wurden. Viele stehen jetzt wirtschaftlich vor dem Ruin. Wir brauchen unbedingt eine bezahlbare Versicherung für Steinobst in Deutschland. Andere Länder in der EU haben das längst. Um die geschädigten Bäume zu stabilisieren, empfehlen wir Behandlungen mit Regalis. Das Mittel hemmt das Triebwachstum. Das ist eine wichtige Maßnahme, damit die Bäume im kommenden Jahr genügend Blüten ausbilden und tragen.
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