
Alkohol doch gesund?
Ende Juli ist auf Spiegel online ein Artikel mit der Überschrift DAS GESUNDE GLÄSCHEN ALKOHOL GIBT ES NICHT erschienen. Das Fazit der zugrundeliegenden Studie zum Thema Alkoholkonsum und Gesundheit scheint also klar. Doch ist es das tatsächlich?
von Friedrich Springob Quelle Spiegel online erschienen am 30.07.2024Die Ergebnisse der Studie lassen nämlich auch einen anderen Schluss zu. Doch der Reihe nach. Für die Meta-Studie wurden die Resultate von 107 Langzeituntersuchungen ausgewertet. Insgesamt 4,8 Millionen Menschen hatten an ihnen teilgenommen, im Verlauf der Untersuchungen gab es mehr als 420.000 Todesfälle. Der Fokus lag insbesondere auf einem Vergleich von Konsumenten mit einem moderaten Alkoholkonsum und Abstinenzlern. Unter einem moderaten Konsum versteht man die Einnahme von höchstens 25 Gramm Alkohol pro Tag. Das entspricht etwa 0,25 Litern Wein mit zwölf Prozent Alkohol oder 0,6 Litern Bier mit fünf Prozent Alkohol. Im Artikel heißt es nun: „Es zeigte sich: Bei den qualitativ höherwertigen Studien lag das Sterberisiko bei moderatem Konsum gleichauf mit dem von Abstinenz.“
Und weiter: „Zudem betrachteten die Forscher die Altersstruktur der Studienteilnehmer. Sie fanden auffällige Unterschiede, je nachdem, wie alt die Probanden zu Beginn der Langzeituntersuchung waren: Lag ein bestimmter Mittelwert, der Medianwert, zwischen 56 und 78 Jahren, dann war das Sterberisiko für mäßige Alkoholtrinker deutlich geringer als für Abstinenzler – auf alle Studien gerechnet um 14 Prozent. Lag das Medianalter der untersuchten Gruppe jedoch unter 55 Jahren und wurde die Untersuchung der einzelnen Teilnehmer bis zum Alter von mindestens 56 Jahren fortgeführt, lagen die Sterberisiken nahezu gleichauf.“
Wie kann man nun diese Ergebnisse interpretieren? Nur so wie es die Überschrift des Spiegel-Artikels suggeriert? Also: Moderater Alkoholkonsum fördert in keinem Fall die Gesundheit? Weil ein direkter Zusammenhang zwischen Alkoholkonsum und einem verringerten Risiko zum Beispiel für Herz-/Kreislauferkrankungen nicht belegt werden kann? Man kann es auch anders sehen! In einer bestimmten Altersklasse, nämlich zwischen 56 und 78 Jahren, ist das Sterberisiko anscheinend bei moderatem Konsum deutlich vermindert, darunter nahezu gleichauf. Das ist doch eine gute Nachricht für Genießer!
Angesichts der gerade laufenden Diskussion um die gesundheitlichen Aspekte von Alkoholkonsum und den damit drohenden Konsequenzen wie Werbeverbote, Warnhinweisen auf Flaschen oder noch weitergehende Einschränkungen für den Verkauf und Konsum von alkoholhaltigen Getränken hat die Studie das Zeug dazu, die Diskussion zu versachlichen. Vorschnelle Schlüsse, wie sie der Spiegel-Artikel hier zieht, wirken da kontraproduktiv.
- Sepp 02.09.2024 17:51Ich trinke gerne mal ein Gläschen. Am Kommentar der kleinbrennerei erkennt man jedoch klar dass hier eine Lobbyvereinigung eine eigene Meinung vertritt. Grundsätzlich muss man zur Beurteilung immer auch auf Einzelstudien eingehen. Bei Studien die einem moderaten Konsum gesundheitsfördernde Wirkung zuschreiben sind häufig die Vergleichsgruppen nicht repräsentativ. Gerne sind bei den Abstinenzlern Menschen dabei, die aus gesundheitlichen Gründen keinen Alkohol konsumieren sowie ehemalige Trinker. In solch einem Fall besteht eine Verzerrung da die moderaten Trinker eine gesündere Ausgangsgruppe haben - und manchmal sogar die negative Wirkung in die andere Gruppe verschoben wird. Aus physiologischer Sicht gibt es keinen Grund warum Alkohol der Gesundheit zuträglich sein sollte. Es ist und bleibt ein Gift. Einziger Aspekt vielleicht psychologische Effekte, wenn der Genuss und die Lebensfreude als positiver Aspekt auf ein gesteigertes Wohlbefinden einwirken. Also Prost auf die Lebensfreude.Antworten
- Friedrich Springob 03.09.2024 06:34Sie haben ganz recht, sowohl hinsichtlich der Auswahl der Gruppenmitglieder als auch hinsichtlich der Tendenz des Artikels. Erstere wird in dem Artikel auch thematisiert und zweitere habe ich bewusst als Gegengewicht zur Tendenz des Spiegel-Artikels gewählt.Antworten