
Blick auf den Spirituosenmarkt
Der Bundesverband der Deutschen Spirituosen-Industrie und -Importeure e. V (BSI) hat eine aufschlussreiche Jahresbilanz vorgelegt. In ihr berichtet und bewertet er negative wie positive Trends auf dem Spirituosenmarkt und gibt damit den Produzenten eine wichtige Orientierungshilfe.
von BSI/Redaktion erschienen am 17.06.2025
Für das Jahr 2024 fällt die Bilanz des BSI verhalten aus: Denn bis Ende 2024/Anfang 2025 war auch der Spirituosenmarkt geprägt durch verschiedene politische Faktoren wie der Wirtschaftskrise, die Trump-Wahl und den Regierungswechsel in Deutschland.Die wirtschaftlichen Entwicklungen in Deutschland sind weiterhin groß: Inflation, überbordende Bürokratie, Fachkräftemangel, hohe Energiekosten etc. haben erhebliche Auswirkungen auf die gesamte Wirtschaft einschließlich der Spirituosenbranche und die Konsumenten.
Für den Spirituosenmarkt brachte das Jahr 2024 kein einheitliches Bild. Auch wenn Spirituosen 2024 erneut zu den umsatzstarken Warengruppen im Lebensmittel-Einzelhandel (Distribution bei rund 80 Prozent) gehören, zeigte sich ein mengenmäßiger Rückgang im Lebensmittel-Einzelhandel inklusive Discounter und Cash & Carry (ca. 2,4 Prozent – gemäß Marktforschung NielsenIQ verbunden mit einem Umsatzminus von 1,3 Prozent. Auch die Distributionskanäle Gastronomie, Fachhandel etc. (rund 20 Prozent) zeigten sich im vergangenen Jahr leicht rückläufig: Der Pro-Kopf-Konsum von Spirituosen ging um 0,1 Liter bzw. um 2,0 Prozent auf 5,0 Liter zurück. Auf dem deutschen Markt wurden 2024 rund 680 Millionen Flaschen à 0,7 Liter angeboten. Der deutsche Spirituosenmarkt bleibt damit weiterhin der größte innerhalb der EU (ca. 8 Prozent).
Die Unsicherheiten am Markt und die Schwierigkeit langfristiger Analysen zeigen sich auch anhand der Daten zur Käuferreichweite und Verbraucherstimmung. So kauften im Jahr 2024 rund 63 Prozent aller Haushalte in Deutschland mindestens einmal im Jahr Spirituosen ein (Käuferreichweite). Die Reichweitenverluste zum Vorjahr beziehen sich nach Angaben der YouGov CP Germany GmbH (ehemals GfK SE) über alle Haushalte hinweg mit einem Schwerpunkt auf jüngere Haushalte. Die Marktforschungsinstitute analysierten auch für die Verbraucherstimmung im März 2025 ein uneinheitliches Bild: auf der einen Seite eine leichte Belebung der Einkommenserwartung und auf der anderen Seite eine weiterhin verhaltene Anschaffungsneigung. Damit muss die Konjunkturerwartung einen kleinen Rückgang hinnehmen.
„Die deutsche Wirtschaft wird 2025 im dritten Jahr in Folge in einer Stagnation verharren: Überdies schwebt darüber das Damoklesschwert der neuen US-Administration und der diskutierten protektionistischen Maßnahmen. Unter den gegebenen Voraussetzungen appellieren die Spirituosen-Hersteller und -Importeure an die Politik, verlässliche Rahmenbedingungen zu gewährleisten und so die Funktionsfähigkeit der Lieferketten und die entsprechende Verfügbarkeit in Deutschland zu unterstützen. Diese Faktoren sind auch wesentlich für die Planungssicherheit und Stabilität der Spirituosenbranche“, so BSI-Präsident Thomas Ernst.
Entwicklungen im Einzelhandel (LEH)
Nach Analysen der Marktforschung NielsenIQ (Germany) GmbH sank der Absatz an Spirituosen 2024 im Vorjahresvergleich um 2,4 Prozent (LEH-Distribution rund 80 Prozent).
Gemäß den Angaben des Statistischen Bundesamtes haben die größten Anteile am gesamten Spirituosenmarkt-Angebot 2024 erneut Liköre, klare Spirituosen und Whisk(e)ys.
Zu den Gewinnern zählten 2024 u. a.: Aperitifs, Liköre, Klarer, Anis, Calvados, Doppelkümmel, Wacholder etc. Das Umsatzvolumen im Lebensmittel-Einzelhandel betrug 2024 rund 4,9 Milliarden Euro (Vorjahr: 5,0 Milliarden Euro). Das ist gut ein Viertel des Umsatzes aller alkoholhaltigen Getränke (Bier, Wein, Sekt und Spirituosen) im LEH.
Auch wenn der Anteil der alkoholfreien und alkoholreduzierten Alternativen zu Spirituosen am gesamten Spirituosenmarkt noch sehr gering ist, ist ein Potenzial vorhanden, das sich ebenfalls größerer Beliebtheit erfreut – insbesondere durch das gestiegene Gesundheitsbewusstsein und das Konsumverhalten der Generation Z. Insofern werden die Entwicklungen zu „No- & Low“-Getränken analysiert. Der Absatz lag 2024 bei rund 0,4 Prozent des Gesamt-Spirituosenmarktes.
Entwicklung des Außenhandels
Die Spirituosenimporte umfassten nach vorläufigen Ergebnissen des Statistischen Bundesamtes im Jahr 2024 rund 451 Millionen Flaschen à 0,7 Liter (-1,5 Prozent). Die Spirituosenexporte betrugen im Jahr 2024 – nach vorläufigen Ergebnissen des Statistischen Bundesamtes – rund 339 Millionen Flaschen à 0,7 Liter (-2,0 Prozent).
Entwicklung des Spirituosen-Gesamtmarktangebots Das Gesamtmarktangebot (Produktion + Import – Export) reduzierte sich – nach vorläufigen Angaben des Statistischen Bundesamtes und Schätzungen des BSI – im Jahr 2024 (im entsprechenden Vorjahresvergleich) um 13 Millionen Flaschen à 0,7 Liter bzw. um 1,9 Prozent. Die gesamte Spirituosenbranche inklusive Importeure hatte 2024 eine stagnierende Umsatzentwicklung mit geschätzten rund 5,0 Milliarden Euro – darin enthalten sind rund 1,98 Milliarden Euro an Alkoholsteuern für Spirituosen.
Pro-Kopf-Konsum
Der Konsum pro Kopf von Spirituosen lag 2024 bei rund 5,0 Liter Fertigware (Quelle: vorläufige Zahl des ifo Instituts – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung an der Universität München e. V.) und verringerte sich damit um 0,1 Liter bzw. um 2,0 Prozent. Im internationalen Vergleich des Spirituosen-Pro-Kopf-Konsums belegte Deutschland im Jahr 2023 Platz 57 – unter anderem hinter Südkorea, Belarus, Estland, Lettland, Bulgarien (Quelle: Analysen der Marktforschung „the IWSR and the IWSR Magazine [the Source for Wine & Spirits Analysis]“, London/Großbritannien). Der Pro-Kopf-Verbrauch aller alkoholhaltigen Getränke (Bier, Wein, Sekt und Spirituosen) betrug 115,1 Liter im Jahr 2024 und sank damit zum entsprechenden Vorjahresvergleich um 1,8 Liter bzw. um 1,5 Prozent.
Verbrauchsteuern auf Spirituosen
Bei den Verbrauchsteuern für alkoholhaltige Getränke (Bier, Wein, Sekt, Spirituosen und spirituosenhaltige Mischgetränke sowie Zwischenerzeugnisse) in Höhe von 2.916,8 Millionen Euro (2023: 3.125,0 Millionen Euro) entfiel auf Spirituosen ein Anteil von 67,9 Prozent. Die Alkoholsteuer für Spirituosen sank 2024 im Vorjahresvergleich um 8,3 Prozent auf 1.979,6 Mio. Euro. Der Pro-Kopf-Konsum von Spirituosen – bezogen auf den Konsum aller alkoholhaltigen Getränke – entsprach im selben Zeitraum einem Anteil von lediglich 4,3 Prozent.
Struktur der Spirituosenbranche
Die Mitarbeiter- und Betriebsstruktur in der Spirituosenbranche befindet sich seit Jahrzehnten in einem anhaltenden Konzentrationsprozess. Im Jahr 2024 ergab sich in der Spirituosenbranche in Betrieben mit 20 und mehr Beschäftigten eine leichte Zunahme auf 3.523 Mitarbeiter (+7,3 Prozent), die in 55 Betrieben (+5,8 Prozent) beschäftigt waren (Quelle: Angaben des Statistischen Bundesamtes).
Ausblick
Die Spirituosenbranche sieht auch 2025 als ein Jahr mit Licht und Herausforderungen: Die anhaltend schwache wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland und vor allem der Rückgang von Produktion und Wertschöpfung im verarbeitenden Gewerbe als auch die Beeinträchtigung der Lieferketten, der Rohstofflieferung, der Energiepreise, des Fachkräftsmangels und der Inflation kennzeichnen auch den Spirituosenmarkt und seine Herausforderungen.
Darüber hinaus schwebt das Damoklesschwert der neuen US-Administration mit geplanten protektionistischen Maßnahmen. Es ist nicht absehbar, welche Zölle und Abschottungen tatsächlich in Kraft treten werden. Manches wird Verhandlungsmasse für die Verfolgung anderer Ziele sein. In Deutschland stehen mit der deutschen Bundesregierung ebenfalls entscheidene politische Weichenstellungen an. Für die Spirituosenbranche ist auch die derzeitig fragile Konsumentenstimmung von besonderer Bedeutung. In Zeiten immer individueller werdender Wünsche, aber auch aktueller Herausforderungen ist es wichtig, auf die Bedürfnisse der Konsumenten/-innen einzugehen. Auch in Zukunft werden Kultur und Qualitätsbewusstsein, Markenpflege, Nachhaltigkeit und die Bereitschaft zu Innovationen Garanten für unternehmerischen Erfolg in der Spirituosenbranche bleiben.
Unter den gegebenen Voraussetzungen der makroökonomischen Volatilität und der fragilen unsicheren Wirtschaftslage erwarten die Hersteller und Importeure der Spirituosenbranche von der neuen Bundesregierung 2025 weitere Maßnahmen zur Stabilisierung des Standortes Deutschland – insbesondere sollte unnötige Bürokratie konsequenter abgebaut sowie Strukturwandel und Tranforsmationsprozess beschleunigt werden. Aufgrund der vorliegenden Faktenlage ist es für die deutsche Spirituosenbranche umso wichtiger, dass die Freiräume erhalten bleiben, die für eine positive und nachhaltige Wertschöpfung unbedingt vonnöten sind: Es wird entscheidend sein, wirtschaftlich und politisch stabile sowie verlässliche Rahmenbedingungen für ein faires Marktumfeld und vor allen Dingen Planungssicherheit zu gewährleisten. Insofern begrüßt und unterstützt die Spirituosenbranche positive Signale der neuen Bundesregierung.
Prävention und Aufklärung
Die Risiken übermäßigen Alkoholkonsums sind ernst zu nehmen. Der BSI setzt sich auf verschiedenen Ebenen und gegenüber einer Vielzahl von Zielgruppen dafür ein, Risikokompetenz und Eigenverantwortung als zentrale Voraussetzung für einen verantwortungsvollen Umgang mit alkoholhaltigen Getränken zu fördern. In einer auf Selbstbestimmung aufbauenden Gesellschaft müssen sich alle relevanten Gruppen dieser Aufgabe stellen. Der BSI wird auch künftig einen nachhaltigen Beitrag leisten, um alkoholhaltige Getränke als Bestandteil einer entwickelten Genusskultur zu erhalten, den verantwortungsvollen Umgang mit alkoholhaltigen Getränken zu fördern und dem missbräuchlichen Konsum vorzubeugen. Dieser besonderen Mitverantwortung stellt sich der BSI im Rahmen zahlreicher Maßnahmen und Aktivitäten. „Bereits im Jahr 2005 wurde daher der ‚Arbeitskreis Alkohol und Verantwortung‘ als Gremium des BSI auf Basis seines Grundsatzpapiers ins Leben gerufen. Das Gremium befasst sich aktuell seit 20 Jahren mit sogenannten ‚nicht-kommerziellen‘ Aufgabenstellungen des BSI, um den verantwortungsvollen Konsum von alkoholhaltigen Getränken sowie die Reduktion des missbräuchlichen Konsums zu fördern. Die drei Säulen der Arbeit des ‚Arbeitskreises Alkohol und Verantwortung‘ sind
In Bezug auf die kommerzielle Kommunikation für alkoholhaltige Getränke hält der BSI unter dem Dach des Deutschen Werberats die sogenannten „Freiwilligen Verhaltensregeln über die kommerzielle Kommunikation für alkoholhaltige Getränke“ „ohne Wenn und Aber“ ein. Diese stellen ein international anerkanntes Instrument im Bereich der freiwilligen Werbeselbstkontrolle dar: Über den Bereich staatlicher Rechtsetzung hinaus übernehmen damit Alkoholwirtschaft, Agenturen, Handel und Medien etc. aktiv Verantwortung für ein geordnetes Werbeverhalten.
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