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Fruchtsaftsaison eingeläutet

Der Streuobst-Macher

Daniel Übele führt eine Kelterei im Ostalbkreis. Mit einer lokalen Streuobstinitiative bindet er Jugendliche, die Gemeinde und örtliche Vereine in die Rohstoffbeschaffung ein. Anfang September stellte er das bewährte Konzept in Kirchheim am Ries vor.

von Donat Singler erschienen am 11.09.2025
Sie engagieren sich in Kirchheim am Ries für das regionale Streuobst (v. l.): Mario Hofelich, 2. Vorsitzender des OGV, Timo Schumann, Daniel Übele, dessen Vater Dietmar Übele und Bürgermeister Danyel Atalay.  © Donat Singler
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Die Fruchtsaftsaison in Baden-Württemberg läuft. Die Mostobsterfassung begann dieses Jahr zwei Wochen früher als üblich, bereits Mitte August, berichtete Timo Schumann vom Verband der Agrargewerblichen Wirtschaft (VdAW). Der Verband hatte am Freitag vergangener Woche zur Eröffnung der Fruchtsaftsaison in die Kelterei und Edelbrennerei Obele nach Kirchheim am Ries eingeladen. Beim VdAW sind zahlreiche Fruchtsaftbetriebe aus Baden-Württemberg organisiert.

Wirtschaftskreislauf

Einen Steinwurf von der Kelterei entfernt führt ein baumgesäumter Wirtschaftsweg auf Wiesen und Felder. Entlang des Sträßchens stehen ältere Kernobsthochstämme. Dazwischen zwei neue Infotafeln zum Wirtschaftskreislauf von Saftäpfeln. Initiator der Tafeln ist Daniel Übele, der die Kelterei vor acht Jahren vom Vorbesitzer übernommen hat. Ihm ist es ein Anliegen, nicht nur Äpfel zu erfassen, zu pressen und den Saft zu verkaufen. Er will mehr. Er will die Streuobstwirtschaft wieder unter die Leute bringen. Dabei hat er besonders Jugendliche im Blick. Seine Idee: Sie sollen den Zugang zur Natur finden. Nicht chillen, sondern schaffen, sprich Obst auflesen.

Der 32-Jährige hat sich überlegt, dass seine Zielgruppe nur mitmachen wird, wenn Saft und Geld fließen. So ersteigert der Industriemeister für Fruchtsaft und Getränke jedes Jahr zur Mostobstsaison die 600 Streuobstbäume von Kirchheim. Auf diese Weise nimmt die kleine Kommune rund 1800 Euro ein. Damit lassen sich die Pflegekosten – etwa der Schnitt – bestreiten und es bleibt dem Ort mit seinen 1800 Einwohnern noch ein kleiner Überschuss. Die Bäume vergibt Übele dann ausschließlich an die Jugendgruppen der örtlichen Vereine. Der Vereinsnachwuchs soll das gefallene Saftobst auflesen und es zum Verkauf zur örtlichen Kelterei bringen.

Dort erhalten die Jugendlichen den saisonüblichen Mostobstpreis, der wiederum ausschließlich in die Jugendarbeit des Vereins fließt. Weil die Bäume biozertifiziert sind, bekommen die Jugendlichen derzeit 21 Euro je Dezitonne (Euro/dt) brutto. Vergangenes Jahr waren es marktbedingt bis zu 28 Euro/dt für das Biomostobst. Auf diese Weise kamen 60 Tonnen Mostobst zusammen, „die nicht unter den Bäumen verfaulten, sondern verwertet wurden“, beschreibt Daniel Übele die erfolgreiche Idee. Seine Hoffnung: Die Jugendlichen werden erwachsen und sobald sie ihren ersten Garten haben, werden sie auch Apfel- und Birnbäume pflanzen. Weil sie um den Wert der Bäume wissen und auch, wie man sie richtig pflegt. Die Pflege der 600 Streuobstbäume übernimmt der örtliche Obst- und Gartenbauverein Kirchheim am Ries (OGV), der regelmäßig mit angehenden Fachwarten die Bäume schneidet. Mit der ungewöhnlichen Gemeinschaftsaktion könne der OGV sicher sein, dass die Früchte seiner Arbeit nicht verkommen, sondern sinnvoll verwertet werden, betont Übele. 

180 Lieferanten

Die 60 Tonnen decken etwa 10 bis 12 % des Rohstoffbedarfs des Fruchtsaftbetriebs, der im Schnitt 500 Tonnen jährlich verarbeitet. Dieses Jahr dürften es nach Schätzung des Keltereichefs bis zu 600 Tonnen werden. Den Bedarf deckt er aus der Region. Die Erfassung ist kleinteilig. Etwa 180 Lieferanten hat der Betrieb, „davon nur drei mit jeweils mehr als einer Tonne“, erklärt der Chef. Seine Säfte vertreibt der Betrieb über vier namhafte Firmen des Lebensmitteleinzelhandels, über den Getränkefachhandel und den eigenen Getränkemarkt. Das Vertriebsgebiet erstreckt sich auf einen Umkreis von 30 bis 40 Kilometern. Darunter fallen größere Städte wie Aalen, Ellwangen, Heidenheim und Nördlingen.

Die Versorgung mit Mostobst sei dieses Jahr gut, erklärte ein Großhändler am Rande der Veranstaltung. Aus Deutschland komme genügend Ware. Der Verband der deutschen Fruchtsaftindustrie erwartet mit rund 425.000 Tonnen „eine gute Ernte“. Weniger Ware komme aus Polen und Rumänien. Dort habe der Frost rund 30 % der möglichen Menge vernichtet. Das Preisniveau für den klassischen Stücklesbesitzer schätzte der Experte am Freitag vergangener Woche (5. September) auf der Ostalb auf 12 bis 14 Euro/dt, am Bodensee bis zu 18 Euro/dt für konventionelle Ware.

Zweistellige Preise notwendig

Der Fachmann aus dem Ostalbkreis, der selbst Streuobstbäume hat, ist froh, dass die Branche dieses Jahr vom Start weg zweistellige Preise für klassische Ware bezahlt. „Ich werbe seit Jahren dafür“, sagte er gegenüber BWagrar, „dass man wie im vergangenen Jahr bereits zu Saisonbeginn ordentliche Preise bezahlt, also mindestens 10 Euro. Sonst verlieren die Älteren die Lust am Auflesen und die Jungen winken gleich von vornherein ab.“ Daniel Übele erwartet, dass der aktuelle Mostobstpreis für konventionelle Ware trotz gutem Angebot noch Luft nach oben hat, sprich noch einige Euros steigen könnte. 

August Oettle (2. v. l.) und Enkel Lukas Jaumann (3. v. l.) aus dem benachbarten Zipplingen lassen aus mehreren Säcken rund 100 Kilo Saftäpfel auf das Förderband rauschen. Obele-Mitarbeiterin Nadine Grimm hilft beim Öffnen der Säcke.  © Donat Singler
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