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Apfelland Sartorius, Bönnigheim

Gebrannt im Apfelland

Möglichst alles in der eigenen Hand. Auf diese einfache Formel kann man das Betriebskonzept von Meik und Carolin Sartorius bringen. Das heißt, Anbau, Veredlung und Vermarktung werden von der Familie gesteuert, das meiste auf dem Hof selbst erledigt. Die Brennerei ist dabei ein wesentliches Element.

von Friedrich Springob erschienen am 24.06.2025
Meik Sartorius vom Apfelland. © Friedrich Springob
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Dreißig Hektar, eine Familie mit drei Kindern und nur einem helfenden Elternteil – es gibt hier in Bönnigheim viel Arbeit. Aber sie lohnt sich. Von den 30 ha sind 18 ha Intensivobst, 5 ha Ackerland und 7 ha Wein. Betriebsintern ist der Weinbau die Ausnahme von der Regel, denn die Trauben werden an die Genossenschaft abgeliefert. Beim Obst stehen die Äpfel mit insgesamt etwa 20 Sorten im Zentrum. Spätestens wenn man eines der fünf Obstlager betritt, weiß man, warum der Betrieb als „Apfelland“ firmiert: Unzählige Äpfel in 300-kg-Kisten, in mehreren Etagen, unter kontrollierter Atmosphäre gelagert.

Einige der Sorten im Bönnigheimer Apfelland.
Einige der Sorten im Bönnigheimer Apfelland. © Friedrich Springob

Für die Veredlung in der Brennerei spielen aber ebenso Walnüsse und Williams-Christ-Birnen eine bedeutende Rolle. An den Birnen lässt sich die Sortimentstiefe schön veranschaulichen. Neben dem Klassiker, einem „einfachen“, klaren Williams-Brand stehen eine fassgelagerte Variante, eine Spirituose mit Fruchtauszug, ein Likör und – als Krönung – ein Birnenbrand mit einer in der Flasche gewachsenen Frucht. Für diese Spezialität hat der Großvater eigens von einer Glashütte eine Flasche nach seinen Entwürfen anfertigen lassen. „Sartorius“, der Name, ziert bis heute als Relief die Flaschen.

Liköre vom Apfelland Sartorius
Liköre vom Apfelland Sartorius © Friedrich Springob
Williams-Christ-Birne in Birnenbrand, in der eigens entworfenen Flasche vom Apffelland Sartorius.
Williams-Christ-Birne in Birnenbrand, in der eigens entworfenen Flasche vom Apffelland Sartorius. © Friedrich Springob

Die Sortimentstiefe ist kein Selbstzweck, sondern bedient die verschiedenen Kundengeschmäcker: Die „puren“ und die holzfassgelagerten Destillate sprechen eher Männer an, die süßeren Produkte eher Frauen. Durch die Breite entsteht eine hohe Wertschöpfung. Immerhin ein Drittel des Umsatzes im Hofladen wird durch die Brennereiprodukte erwirtschaftet. Über die Direktvermarktung geht daneben ein großer Teil der Rohware über den Tisch. Daneben wird mit ihnen der Handel, inhabergeführte Rewe- und Edeka-Märkte, bedient. Ohne Zwischenhändler. Das hilft der Marge des Erzeugers, gefällt aber ebenso den Kunden. Denn die Auszahlungen der Zwischenhändler orientieren sich unter anderem an dem Grad der Ausfärbung der Äpfel, während Meik Sartorius weniger auf die Farbe als auf das Aroma achtet. „Seitdem wir direkt die Märkte beliefern, steigt bei ihnen der Umsatz mit den Früchten. Schlicht weil den Endkunden unser Obst schmeckt.“

Die ausgeprägte Aromatik kommt den Brennereiprodukten zugute. Bestes Anzeichen dafür ist der Zuspruch der Kunden, dafür sprechen darüber hinaus die Prämierungen des Nordwürttemberger Kleinbrennerverbandes. 2023 kam Meik Sartorius zweimal aufs Siegertreppchen. Es gab diverse Goldmedaillen und in der Gesamtwertung einen dritten Platz in der Kategorie der gezuckerten Brände und Geiste und einmal einen ersten Platz als „Gin des Jahres“ für seinen „Cutter´s Gin“.

Sinnvolle Ergänzung

Die Bezeichnung basiert auf dem Nachnamen. Schneider hießen die Vorfahren, bis sie sich vor einigen hundert Jahren die vornehmere, lateinische Variante Sartorius zulegten. Und Schneider ist schlicht auch die Übersetzung des englischen „Cutter“. Sowohl der Gin als auch der Whisky fallen etwas aus dem Rahmen des Sortiments, passen tun sie trotzdem. Sie sind eine sinnvolle, weil nachgefragte Erweiterung der Produktpalette. Einen Whisky zu machen, lehnte Meik Sartorius zunächst ab. Ein Feuerwehrkollege und Irland-Fan hatte ihn danach gefragt. Zuhause angekommen änderte der Brenner aber seine Meinung. „Warum eigentlich nicht?“ So einfach werden hier Entscheidungen gefällt.

Aufgabenteilung

Das funktioniert, weil Meik Sartorius auf dem Hof der Herr ist. Wobei seine Frau, die die Landwirtschaft schon vom Elternhaus her kennt, ihn mehr als nur unterstützt. Ihre Rolle beschränkt sich nicht nur auf die Erziehung der Kinder. Ihr Metier ist vor allem die Direktvermarktung, das Marketing. Carolin ist studierte Verwaltungsbeamtin. Ihre Abschlussarbeit widmete sie allerdings dem Stadtmarketing. Von da ist der Weg zu betrieblichen Vermarktungsaufgaben nicht weit.

Die Gestaltung des Hofladens, der Flaschen, der Website, der Social-Media-Auftritte, das also ist im Apfelland ihr Metier. Die Betriebswirtschaft, der Außenbetrieb, der Handel, das ist Meiks Domäne – unterstützt von seinem Vater Frank und von Saisonarbeitskräften.

Meik Sartorius hat in Geisenheim Weinbau und Oenologie studiert. Er hat in dieser Zeit praktische Erfahrungen in der Region und in Australien gesammelt. Ein weiter Horizont, der sich in der Professionalität, mit der hier der Obstbau betrieben wird, niederschlägt. Großflächige Frostberegnung im Frühjahr, Hagelschutznetze im Sommer. Die Netze schützen die empfindlichen Früchte nicht nur gegen die eisigen Körner, sondern spenden in Hitzeperioden die 10 bis 15 Prozent Schatten, die vor einem Sonnenbrand bewahren. Elementar wichtig, da solcherart geschädigte Früchte nicht nur unansehnlich sind, sondern auch bitter schmecken. Damit sind sie selbst in der Brennerei nicht mehr zu gebrauchen.

Frostberegnung

Die Vorsorge bewahrt vor Schäden, macht aber Arbeit. Sie bedeutet mitunter schlaflose Nächte. Dann, wenn im Frühjahr Frost die Blüten und jungen Früchte bedroht, und es gleichzeitig windet. „Bei mehr als 10 bis 15 km/h Wind kann ich die Beregnung nicht anmachen, da der Wind keine optimale Benetzung der Bäume zulässt und dadurch eine einseitige Eisbildung stattfinden würde, welches einerseits zum Eisbruch führen kann und andererseits andere Stellen am Baum ungeschützt lassen würde.“ Da bietet die Arbeit in der Brennerei mehr Ruhe. Aber auch da können die Abende lang werden. In der Brennerei selbst, und in der Küche.

Küchenlabor

Sie ist „Versuchslabor“, Ort für Kommunikation und für Verkostungsrunden bei der Produktentwicklung. Raum für das Paar und für die Familie. Die Kinder, zwischen vier und acht Jahre alt, nehmen am Betriebsleben schon regen Anteil. „Papa, der Glockenapfel ist Dein leckerster Apfel“, sagte vor einiger Zeit die älteste Tochter. Der Vater wollte es erst nicht glauben, aber: „Wenn der Glockenapfel lange gelagert wird, ist er tatsächlich sehr aromatisch. Ich werde diese Äpfel mal in der Brennerei testen.“

Das Apfelland ist eben ein echter Familienbetrieb, gegründet auf der Selbstständigkeit. Autark auch hinsichtlich des Stroms, den die eigene Photovoltaik liefert. Die Brennerei fußt auf drei Abfindungsgenehmigungen. Meik brennt auf dem Hof, Vater und Onkel brennen auf der großelterlichen Hofstelle und liefern zu. Insgesamt eine stattliche Menge. Selbst erzeugt, selbst vermarktet. Also alles in einer Hand, alles aus einer Hand.

Betriebsdaten
  • Arbeitskräfte: 3 Familien-AK, 1 Fest-AK, 6 Minijobs, 2-15 Saison-AK
  • Lage des Betriebs: 220 m ü. NN
  • Fläche: 30 ha
  • Betriebszweige: Obstbau, Hofladen, Brennerei, Weinbau
  • Sortiment (Brennerei): Obstbrände und Liköre, Gin, Whisky
  • Preise: pro 0,5 Liter 14 – 57 €
  • Vermarktung: Direktvermarktung, Wiederverkäufer (Hofläden) und Einzelhandel, Gastronomie
  • Kontakt/Anschrift: Sartorius Edelbrände Hofener Str. 52 74357 Bönnigheim Tel. 07143/21640 E-Mail: apfelland@t-online.de www.mein-apfelland.de
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